Bei der Verwendung von Add-Ons, die automatisch Proxy-Server suchen und verwenden, stellt sich die Frage, ob sich urheberrechtliche Probleme ergeben, wenn man beispielsweise auf dem YouTube-Portal Videos abruft, die “in deinem Land leider nicht verfügbar sind”.
Die urheberrechtliche Situation stellt sich meiner Einschätzung nach so dar:
Die Add-Ons suchen automatisch einen Proxy-Server und verwenden diesen für den Datentransfer. Vereinfacht ausgedrückt, schaltet sich der Proxy zwischen den Browser und den Webserver von dem z.B. das Video gestreamt werden soll.
Hierbei wird nicht mit einer deutschen IP-Adresse auf dem Zielserver angefragt (und diese nicht abgewiesen). Der YouTube-Server erkennt nun die zu sperrende deutsche IP nicht mehr, da nur noch die Adresse des Proxy dort aufläuft.
Verstößt man mit dieser Nutzung nun aber gegen das Urheberrecht?
Zunächst einmal könnte mit der Verwendung der Add-Ons ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen von YouTube in Betracht kommen. Allein mit der bloßen Nutzung der Dienste sollen die YouTube-Nutzungsbedingungen anerkannt werden (Ziffer 2.1 und 2.2 der Nutzungsbedingungen).
Unabhängig davon findet sich in diesen Nutzungsbedingungen keine Passage, nach der die Nutzung eines Proxy-Servers nicht erlaubt wäre. Ein Verstoß gegen ein vertragliches Verbot liegt somit nicht vor.
Das Streamen von gesperrten Filmen könnte aber gegen das deutsche Urheberrecht verstoßen. Dieses will in erster Linie deutsche Urheber und auch Urheber aus der EU und dem Europäischen Wirtschaftsraum schützen (vgl. § 120 UrhG). Der Schutz der übrigen Urheber ergibt sich aus § 121 UrhG.
In Absatz 1 heißt es:
„Ausländische Staatsangehörige genießen den urheberrechtlichen Schutz für ihre im Geltungsbereich dieses Gesetzes erschienenen Werke, es sei denn, daß das Werk oder eine Übersetzung des Werkes früher als dreißig Tage vor dem Erscheinen im Geltungsbereich dieses Gesetzes außerhalb dieses Gebietes erschienen ist. Mit der gleichen Einschränkung genießen ausländische Staatsangehörige den Schutz auch für solche Werke, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in Übersetzung erschienen sind.“
Im Klartext heißt dies, dass ein urheberrechtlicher Schutz nur dann besteht, wenn das Werk innerhalb von dreißig Tagen nach dem Erscheinen im Ausland auch in Deutschland herausgebracht wurde. Wenn dies nicht der Fall ist, würde ein Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz ausscheiden.
Würde unterstellt, dass die Veröffentlichung z.B. eines Musikvideos zeitgleich im Ausland und in Deutschland stattgefunden hat (und das deutsche Urheberrecht somit anwendbar ist), könnte das Streamen unter Nutzung der Add-Ons gegen das ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Urhebers gem. § 16 UrhG verstoßen:
„Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.“
Beim Streamen passiert technisch folgendes: Nach der Anforderung wird von dem Server der Datenfluss (also der Stream) gezielt an den Nutzer übertragen. Der Stream wird auf dem heimischen PC jedoch nicht dauerhaft, sondern nur im Cache vorübergehend gespeichert.
Hier wird jedoch immer nur ein Teil des Streams gepuffert, damit z.B. Bildruckler möglichst vermieden werden. Eine komplette Speicherung wie etwa beim klassischen Filesharing findet nicht statt. In das Vervielfältigungsrecht wird aber bereits dann eingegriffen, wenn einzelne Teile des Werkes betroffen sind. Es liegt also –scheinbar- ein Verstoß gegen § 16 UrhG vor.
Es ist jedoch noch § 44a UrhG zu beachten:
„Zulässig sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,
1. eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler
oder
2. eine rechtmäßige Nutzung
eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstandes zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.“.
Grundsätzlich ist es so, dass durch die flüchtige Vervielfältigung eine rechtmäßige Nutzung ermöglicht werden muss. Was aber ist nun eine „rechtmäßige Nutzung“? Mit § 44a UrhG wurde weitgehend wörtlich die einzig zwingende Schrankenbestimmung der Multimedia-Richtlinie (2001/29/EG) in das deutsche Urheberrecht übernommen. Betrachtet man Erwägungsgrund 33 der Multimedia-Richtlinie, so soll eine Nutzung dann rechtmäßig sein, wenn sie vom Rechteinhaber zugelassen und nicht durch Gesetze beschränkt ist.
Weil YouTube mit dem Hochladen eines Videos die weltweite, nicht-exklusive und gebührenfreie Lizenz eingeräumt wird (Ziffer 10.1 der Nutzungsbedingungen), haben die Rechteinhaber (gemeint sind die der offiziellen Musikvideos) das Streamen ihrer Werke zugelassen; das Material stammt aus einer legalen Quelle. Das bloße Betrachten des Streams –also die Nutzung des Werkes an sich- erfüllt keinen Verbotstatbestand des Urhebergesetzes. Auch mit der Umgehung der Ländersperre durch die Nutzung eines Proxy wird gegen kein Gesetz verstoßen.